Na, das war mal ein Reinfall. Als ich im März 2020 meine damalige Freundin – heute meine wunderbare brasilianische Ehefrau – kennengelernt habe, dachte ich: "Valentinstag ist ja schon vorbei für dieses Jahr – Glück gehabt!" Falsch gedacht. Am 12. Juni stand ich völlig unvorbereitet da – Blumen? Keine. Tisch im Restaurant? Fehlanzeige.
Was ich damals nicht wusste: In Brasilien wird der Valentinstag nicht am 14. Februar, sondern am 12. Juni gefeiert – dem Dia dos Namorados. Und dahinter steckt mehr als nur Romantik.



Warum der brasilianische Valentinstag im Juni liegt
Der Dia dos Namorados wurde nicht etwa von Heiligen überliefert, sondern von einem Werbefachmann erfunden. In den 1940er Jahren hatte João Dória (ja, der Vater des späteren Politikers) eine geniale Idee: Die Umsätze im brasilianischen Einzelhandel waren im Juni traditionell schlecht – es fehlte ein Anlass zum Schenken. Also erfand er kurzerhand einen.
Dória wählte gezielt den 12. Juni – den Vorabend des Festes von Santo Antônio, dem katholischen Heiligen, der als „Heiratsvermittler“ gilt. In Brasilien wird er liebevoll santo casamenteiro genannt. Und so verband Dória geschickt christliche Symbolik mit wirtschaftlichen Interessen – mit durchschlagendem Erfolg.
Heute ist der 12. Juni der romantischste Tag des Jahres in Brasilien – mit Blumen, Geschenken und Candlelight-Dinners.
Warum nicht der 14. Februar?
Der internationale Valentinstag am 14. Februar spielt in Brasilien praktisch keine Rolle. Das liegt vor allem am Karneval, der meist im Februar stattfindet. In dieser Zeit denken die Brasilianer eher an Sambaparty als an romantisches Dinner. Außerdem ist Hochsommer – nicht gerade ideal für Kuschelabende bei 35 Grad im Schatten.
Im Juni dagegen ist Winteranfang auf der Südhalbkugel – perfekt für gemütliche Dates, Fondue-Abende oder romantische Strandspaziergänge bei Sonnenuntergang. Wie meine Frau immer sagt:
„Im Sommer sind wir zu beschäftigt mit Karneval. Im Winter haben wir Zeit für die Liebe.”
So feiern Brasilianer den Dia dos Namorados
Auch wenn Blumenpreise und Restaurantreservierungen kurz vorher explodieren – der brasilianische Valentinstag wirkt irgendwie entspannter. Es geht mehr um gemeinsame Zeit als um große Gesten.
Viele Paare machen es sich einfach schön:
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Ein Abendessen zu zweit
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Ein kleines Geschenk (Buch, Parfüm, Schokolade)
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Oder ein Spaziergang am Meer – z. B. in Rio oder Floripa
Und ja – heute, am 12. Juni 2025, bin ich endlich vorbereitet: Tisch im Lieblingsrestaurant reserviert (schon im Mai!), Geschenk liegt bereit. Man lernt dazu.
Santo Antônio und die kleinen Zauber für die Liebe
Falls du den Dia dos Namorados heute allein verbringst, bist du in Brasilien in bester Gesellschaft – und musst die Hoffnung nicht aufgeben. Denn kaum ist der 12. Juni vorbei, richten sich viele Blicke auf den 13. Juni, den Tag des Santo Antônio, dem „santo casamenteiro“ – dem Heiligen, der beim Finden (oder Festhalten) der großen Liebe helfen soll.
In Brasilien ist es ganz normal, dass Menschen jeden Alters und jeder Orientierung kleine Rituale, sogenannte „simpatias“, machen, um das Liebesglück auf sanfte Weise in die richtige Richtung zu lenken. Diese Bräuche sind oft humorvoll, aber immer mit echter Intention – und manchmal auch mit tiefem Glauben.
Hier ein paar der beliebtesten:
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Der kopfstehende Santo Antônio: Du stellst eine Figur des Heiligen kopfüber in ein Glas Wasser oder Cachaça – und bittest ihn, dir die große Liebe zu bringen. Aber Achtung: Er wird erst wieder aufgestellt, wenn er geliefert hat.
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Die rote Schleife im BH: Wer jemanden ganz Bestimmten im Blick hat, schreibt seinen Namen auf ein rotes Band, trägt es sieben Tage am Körper und übergibt es dann dem Heiligen – am besten mit einer kleinen Dankeskerze.
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Der „Pãozinho de Santo Antônio“: Wer einen Ehemann sucht, bietet dem Heiligen ein Stück Brot an und bittet um ein liebevolles Zuhause. Danach wird das Brot mit den Mitbewohnern geteilt – als Zeichen der Dankbarkeit und Hoffnung.
Klingt verrückt? Vielleicht ein bisschen – aber in Brasilien gehören diese Bräuche zum kulturellen Schatz, und viele nehmen sie liebevoll ernst. Ob als spiritueller Akt, witziges Ritual unter Freundinnen oder kleiner Hoffnungsschimmer: Der Glaube, dass Liebe manchmal auch eine kleine Hilfe von oben braucht, lebt hier weiter.
Fazit: Brasilianischer Valentinstag – charmant, gemütlich, ein bisschen magisch
Der Dia dos Namorados ist nicht einfach ein brasilianischer Abklatsch des 14. Februar. Er ist ein eigenständiger, kulturell verwurzelter Feiertag, bei dem Liebe und Leichtigkeit auf charmante Weise zusammenkommen.
Ob frisch verliebt oder schon viele Jahre zusammen – der 12. Juni ist eine Einladung, innezuhalten und das Zusammensein zu feiern. Und wenn du Single bist: Vielleicht bringt dir Santo Antônio ja nächstes Jahr Glück. 🌹😉
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